Offener Brief an Johannes Pusch (WAZ)
[6. Januar 2022]
Sehr geehrter Herr Pusch,
Sie schreiben in Ihrem Kommentar zum Rüttenscheider Montagsspaziergang am 03.01.2022, wir könnten „uns glücklich schätzen, dass wir in einem Land und in einer Zeit leben, in der dieser Dreiklang (gemeint: Frieden, Freiheit, Demokratie) gilt.“
Direkt danach beklagen Sie: „Umso trauriger ist es, dass Menschen, die zeitgleich alles andere als solidarisch handeln, diese Begriffe kapern.“
Im zuletzt zitierten Satz stellen Sie gleich zwei befremdliche Behauptungen auf, auf die ich im Folgenden näher eingehen möchte:
1. Warum „kapern“?
Die Teilnehmenden des Montagsspaziergangs haben weder „ein Handelsschiff auf See erbeutet“ noch „ein Flugzeug, einen Zug o.ä. mit Gewalt unter Kontrolle gebracht, entführt“. Laut Duden bleibt dann nur noch die Lesart: „jemanden [wider seinen Willen] für etwas gewinnen; sich jemandes, einer Sache bemächtigen“.
Das letzte Mal, als ich ins Grundgesetz geschaut habe, stand dort:
„Die Würde des Menschen ist unantastbar. Sie zu achten und zu schützen ist Verpflichtung aller staatlichen Gewalt. Das Deutsche Volk bekennt sich darum zu unverletzlichen und unveräußerlichen Menschenrechten als Grundlage jeder menschlichen Gemeinschaft, des Friedens und der Gerechtigkeit in der Welt.“ (GG Artikel 1, Absatz 1 und 2)
Die Spaziergänger haben den Begriff „Frieden“ nicht „gekapert“ – sie haben diesen Frieden gelebt! Die Polizei attestiert explizit einen „friedlichen“ Verlauf.
Die Würde des Menschen ist vom Staat zu schützen. Sie ist dann in Gefahr, wenn der Staat den Menschen zum Objekt staatlicher Gewalt macht, über das er nach eigener Willkür verfügen darf. Eine Impfpflicht, die durch staatliche Sanktionen erzwungen wird (und ja, auch Geldstrafen sind Zwangsmittel im rechtlichen Sinne), stellt einen Angriff auf die Menschenwürde dar.
Weiter heißt es: „Jeder hat das Recht auf die freie Entfaltung seiner Persönlichkeit, soweit er nicht die Rechte anderer verletzt und nicht gegen die verfassungsmäßige Ordnung oder das Sittengesetz verstößt. Jeder hat das Recht auf Leben und körperliche Unversehrtheit. Die Freiheit der Person ist unverletzlich. In diese Rechte darf nur auf Grund eines Gesetzes eingegriffen werden.“ (GG Artikel 2, Absatz 1 und 2)
Die persönliche Entscheidung eines Menschen gegen die „Impfung“ selbst bedarf keiner weiteren Begründung anderen gegenüber (auch, wenn sich gute Gründe gegen eine solche „Impfung“ finden lassen. Dass die sogenannte „Covid-Impfung“ keine Impfung im herkömmlichen Sinne ist, sondern vielmehr eine bislang noch völlig unzureichend getestete – und deshalb auch nur bedingt zugelassene – Gentherapie mit mRNA-Präparaten darstellt, wird auch Ihnen inzwischen vielleicht zu Ohren gekommen sein?). Sie ist als Ausdruck einer freien Persönlichkeitsentfaltung hinzunehmen und verletzt keineswegs die Rechte anderer, auch nicht die der Geimpften oder Impfwilligen.
Die Freiheit der Person ist unverletzlich! Diese Freiheit kommt jedem Menschen universell und bedingungslos zu! Die Spaziergänger haben den Begriff „Freiheit“ nicht „gekapert“, sie haben die Freiheit gelebt, die ihnen zu eigen ist, und sie wollen diese Freiheit verteidigen. Wo ist Ihre Solidarität mit der Freiheit der anderen, Herr Pusch?
„Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten.“ (GG Artikel 5, Absatz 1)
Die Spaziergänger haben auch den Begriff „Demokratie“ nicht „gekapert“, sie haben Demokratie gelebt, indem sie von ihrem Recht Gebrauch gemacht haben, ihre Meinung „frei zu äußern“.
Sie, Herr Pusch, versuchen, die Sorgen derer, die die Demokratie durch Coronamaßnahmen und drohende Impfpflicht gefährdet sehen, zu delegitimieren, indem Sie darauf hinweisen, dass die Polizei den Spaziergang ja geschützt habe, wir uns also ergo in einer “intakten Demokratie“ befänden.
Dabei übersehen Sie, dass dieselbe Polizei Strafen gegen „Maskenverweigerer“ und „Lockdownbrecher“ verhängt und, wenn es so weit kommt, auch Sanktionen gegen Menschen durchsetzen wird, die ihrem Impfpflichttermin nicht nachkommen.
2. Warum „alles andere als solidarisch“?
Es ist mittlerweile gemeinhin bekannt (oder sollte es zumindest sein), dass die sogenannte Corona-Impfung weder die Ansteckung noch die Übertragung im selben Maße verhindert, wie andere, langjährig bewährte und entsprechend ausführlicher getestete Impfstoffe. Dies gilt umso mehr für die Omikron-Variante, die aber dafür signifikant mildere Verläufe und infolgedessen weniger Hospitalisierungen nach sich zieht.
Inwiefern verhält sich also ein Mensch „unsolidarisch“, der für sich selbst eine „Impfung“ ablehnt, die weder vor Ansteckung noch vor einer Weitergabe des Virus zuverlässig schützt? Warum gelten hinsichtlich COVID-19 andere „Solidaritätsanforderungen“ an die Menschen als für sämtliche andere Erkrankungsgefahren? Das umlagenfinanzierte Gesundheitssystem trägt beispielsweise selbst die Lungenkrebserkrankung eines Rauchers, obwohl Nichtrauchen – im Gegensatz zur Impfung – wirklich und nachweislich 100% sicher frei von schädlichen Nebenwirkungen ist.
Tatsächlich sind Sie es, der den Begriff „Solidarität“ kapert.
Solidarität ist eine in einem ethisch-politischen Zusammenhang benannte Haltung der Verbundenheit mit – und Unterstützung von – Ideen, Aktivitäten und Zielen Anderer, insbesondere von Minderheiten. Der Staat als Ganzes, die große Mehrheit der Politiker, die Medien – sie alle verfolgen vehement das Ziel, möglichst viele Menschen unabhängig von Alter, Vorerkrankung und persönlichem Risiko zu impfen, und das immer öfter.
Das heißt, gesellschaftlich gibt es eine breite „Verbundenheit“ und „Unterstützung“ pro Impfung. Diese Solidarität wird von den Spaziergängern nicht unterminiert.
Ich war einer von ihnen, und daher sage ich „wir“: wir verbieten niemandem, sich impfen zu lassen. Nicht-Geimpfte sind mit Geimpften Seite an Seite für das Recht auf eine freie Impfentscheidung auf die Straße gegangen und wir fragen Sie, Herr Pusch, wo ist Ihre Solidarität mit der Freiheit und den Rechten derer, die am Montag auf der Straße friedlich für ihre Selbstbestimmung eingestanden sind?
Wo ist Ihre Verbundenheit mit dem Grundgesetz, wo Ihre Unterstützung grundgesetzlich garantierter Rechte?
Wenn Sie wirklich hinter dem Dreiklang „Frieden, Freiheit, Demokratie“ stehen, dann seien Sie glücklich, dass es diese Spaziergänge gibt.