Offener Brief an Professor Werner

Mal nachgefragt bei Herrn Professor Dr. Werner (Ein Kommentar)

[20. Mai 2021]
Zu einem Interview, das viele Bürgerinnen und Bürger erschüttert hat.

Die Aussagen von Ihnen, Herr Professor Werner, die Sie am 31. März 2021 in Ihrer Funktion als Ärztlicher Direktor des Universitätsklinikums in Essen bei der Pressekonferenz des Landes NRW äußerten, ließen zum Thema Impfung speziell für jüngere Menschen Augenmaß und differenzierte Betrachtung erkennen. Dem ärztlichen Anspruch der verantwortungsvollen Abwägung von Nutzen und Risiko bei allen medizinischen Interventionen folgend, äußerten Sie sich zum Nutzen der Impfung für junge Menschen eher ablehnend.

Das nun am 12. Mai 2021 veröffentlichte Interview von Ihnen zeigt ein vollkommen anderes Bild. Ihre hypothetisch geäußerte Annahme, dass sich eventuell 5 oder 10 Millionen Menschen nicht impfen lassen wollen oder können, ist in Ihrer Einschätzung anscheinend dermaßen beunruhigend, dass Sie noch vor dem Beginn des Wahlkampfes Regelungen fordern, die den Handlungs- und Bewegungsspielraum – sprich die Rechte – dieses sehr deutlich unter 20% liegenden Bevölkerungsanteils definieren und verbindlich regeln.

Wie das aus rechtlicher Sicht zu benennen und einzuschätzen ist, möge man Juristen und Juristinnen überlassen, die sich den Prinzipien eines Rechtsstaates auch in diesen Zeiten weiterhin verpflichtet fühlen.

Die Entscheidung dieser aus Ihrer Sicht dringlich und zeitnah erforderlichen Regulation soll Ihrer Meinung nach vom Ethikrat getroffen werden. Aufgrund der anscheinend von Ihnen empfundenen Unfähigkeit der Politikerinnen und Politiker zu rechtzeitigen, planvollen und tragfähigen Entscheidungsfindungen soll die Entscheidung somit also auf die Ebene eines Gremiums verlagert werden, welches lediglich einer differenzierten Problembetrachtung und daraus folgend einer rein beratenden Funktion dienen dürfte.

Nicht grundlos hat Ihr Statement weit über unsere Stadtgrenzen hinaus für ein beachtliches und zumeist negatives Echo gesorgt. Was hat Sie bewogen, sich so weitreichend von den Maximen allen ärztlichen Handelns zu entfernen, um nun in völlig unangemessener Weise auf staatlicher Ebene Verbote und Regelungen zu fordern, die nach Ihrer Sichtweise nicht einmal zur Diskussion gestellt werden sollen?

Ohne Ihnen, Herr Professor Werner, unlautere oder gar böswillige Absichten unterstellen zu wollen, drängt sich die Frage auf, ob Sie sich der Aussagekraft und Tragweite Ihrer Forderungen bewusst sind, deren Folgen weit über Ihre berufliche Zuständigkeit, Ihre sicherlich hervorragende ärztliche Kompetenz und Ihre Verantwortung als Ärztlicher Direktor der Essener Universitätsklinik hinausgehen.