Weiter so bis in den Blackout?
[6. März 2022]
Am 8. Januar 2021 schrammten Deutschland und Europa nur knapp an einem Zusammenbruch des Stromnetzes vorbei. Die österreichische Gesellschaft für Krisenvorsorge (GfKV) sprach von der schwersten Störung im europäischen Stromnetz seit mehr als 14 Jahren. Und die GfKV geht davon aus, dass ein „Blackout – also der großflächige Ausfall von Strom und Infrastruktur“ in den nächsten fünf Jahren „sehr wahrscheinlich“ ist.1
Die Gründe für einen flächendeckenden Blackout können sehr unterschiedlich sein, von Terroranschlägen über Hackerangriffe bis hin zu Systemversagen ist alles möglich. Eine der Hauptgefahren entsteht jedoch durch die sogenannte Energiewende. Immer mehr Photovoltaik- und Windkraftanlagen tragen in Deutschland zur Stromversorgung bei. Im Gegenzug werden in Deutschland vermehrt Kohlekraftwerke und bis Ende 2022 alle Kernkraftwerke abgeschaltet. Dadurch sinkt die Belastbarkeit des deutschen Stromnetzes massiv2.
Durch den zunehmenden Wegfall von Kohle- und Kernenergie wird Gas als zuverlässige Energiequelle in Deutschland daher immer wichtiger, doch bereits Anfang 2022 waren die Erdgasspeicher in Deutschland deutlich leerer als sonst zu dieser Jahreszeit3. Die deutsche Energie-Politik der letzten Jahre führt Deutschland somit in eine noch größere Abhängigkeit von russischem Gas oder alternativ verflüssigtem Erdgas (LNG), beispielsweise aus den USA.
Auch wenn Annalena Baerbock, bis vor Kurzem Bundesvorsitzende der Grünen und derzeitige Bundesaußenministerin, die Ansicht äußerte, dass sich Strom im Stromnetz speichern lasse4, so ist dies falsch. Bislang lässt sich Strom nicht in nennenswerter Menge speichern, was die Stromversorgung zu einer hochkomplexen Angelegenheit macht: in jedem Moment muss nahezu genau so viel Strom ins Netz eingespeist werden, wie auch genau in diesem Moment entnommen wird – und umgekehrt.5
Bei zu starken Abweichungen der Netzfrequenz vom Idealwert kann versucht werden, mit sogenannten „Brownouts“ (geplanten Teilabschaltungen des Stromnetzes) einen Blackout zu verhindern, doch bereits diese können zu erheblichen Schäden führen. Bei einem europaweiten Blackout ist damit zu rechnen, dass es tage- oder wochenlang dauern kann, bis in Deutschland wieder zuverlässig Strom zur Verfügung steht.
Ohne Strom bricht die Versorgung mit Licht, Wärme, Leitungswasser und Lebensmitteln komplett zusammen. Menschen, die in Ballungsgebieten wie dem Ruhrgebiet leben, dürfte dies noch härter treffen als Menschen im ländlichen Bereich, welche sich noch eher aus der Natur behelfen können. Außerdem besteht im Ruhrgebiet bei einem Blackout aufgrund des Ausfalls der normalerweise permanent arbeitenden Gruben-Pumpen zusätzlich die Gefahr einer großflächigen Überschwemmung.6
Die deutschen Behörden sind auf einen Blackout nicht ausreichend vorbereitet, zumal dieser Gefahr in der deutschen Politik bislang viel zu wenig Beachtung geschenkt wird. Dagegen schätzt das Österreichische Bundesheer die Gefahr eines Blackouts in den nächsten Jahren und die dadurch entstehenden Schäden als extrem hoch ein7 und warnt entsprechend die Bevölkerung.
Tatsache ist, dass bei einem Blackout nicht mit Hilfe von Außen gerechnet werden sollte (die Hilfskräfte sind dann selbst schwer betroffen, der Notruf funktioniert nicht mehr und Kliniken müssten ihren Betrieb einstellen). Umso wichtiger ist es für die Bevölkerung, auf Eigenverantwortung zu setzen und sich mental und praktisch auf ein solches noch nie dagewesenes Katastrophenereignis vorzubereiten. Vorbereiten kann sich aber nur, wer entsprechend informiert ist. Mit diesem Artikel möchte dieBasis Essen einen Beitrag dazu leisten.
Nachfolgend einige Links zu nützlichen Informationen zum Thema „Stromausfall“ und „Blackout“:
https://www.bbk.bund.de/SharedDocs/Downloads/DE/Mediathek/Publikationen/Buergerinformationen/stromausfall-vorsorge-selbsthilfe.pdf?__blob=publicationFile&v=9
https://www.saurugg.net/wp-content/uploads/2015/12/blackout-was-kann-ich-tun.pdf
2 Wind- und Sonnenenergie stellen zum einen keine zuverlässigen Energielieferanten dar (Zappelstrom), zum anderen produzieren sie auch (noch?) nicht die Strommenge, die durch die Abschaltung der Kohle- und Atomkraftwerke wegfällt. Der Vorstandsvorsitzende des Energieversorgers Eon, Leonhard Birnbaum, skizziert die im Zuge der Energiewende erwachsenden Risiken mit deutlichen Worten: „Es gibt praktisch keine Reserven mehr im Netz.“ In den vergangenen zehn Jahren habe das Netz den Zuwachs von Erneuerbaren noch verkraften können. „Aber jetzt sind wir einfach an der Leistungsgrenze.“ (https://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/517630/Eon-Chef-warnt-vor-kontrollierten-Stromabschaltungen)
5 Bei einem Überangebot von Strom steigt die Frequenz, bei einem Unterangebot sinkt sie. In einem gewissen Rahmen ist das unproblematisch. So schwanken im täglichen Netzgeschehen die Frequenzen zwischen 49,99 und 50,01 Hertz. Bei zu starken Abweichungen der Netzfrequenz vom Idealwert droht der Zusammenbruch der Stromversorgung – ein Blackout.
6 https://www.lwl.org/LWL/Kultur/Westfalen_Regional/Wirtschaft/Bergsenkungen / Gefahren unter der Erde: Unterhöhltes Ruhrgebiet | WDR Doku: https://youtu.be/vIJjbjVzuYc?t=2448 (v.a. ab Minute 40:00)
7 Bundesministerium Landesverteidigung (Österreich): Sicherheitspolitische Jahresvorschau 2020
(https://www.bundesheer.at/pdf_pool/publikationen/sipol_jahresvorschau2020.pdf S. 35)